(München) Autor:Stefan Hennigfeld
Der Münchener Verkehrsverbund (MVV) hat angekündigt, das Tarifsystem grundlegend zu reformieren und die seit der Verbundgründung 1972 existierenden Regularien vollständig zu ersetzen. In einem zweiten Schritt ist die Zustimmung des Münchner Stadtrates sowie der Kreistage der Verbundlandkreise einzuholen. Bei positivem Votum dieser Gremien tritt die Neuerung zum 9. Juni 2019 in Kraft.
Mit dem umfassenden Reformpaket werden in der Wachstumsregion München wichtige Weichen für die Mobilität von morgen gestellt. Die MVV-Tarifreform ist eine systematische Neugestaltung des MVV-Tarifs und damit die umfangreichste Weiterentwicklung seit seiner Einführung zur Verbundgründung im Jahr 1972. Der künftige Tarif wird einfacher und klarer strukturiert sein, mit günstigeren Preisen für die Mehrheit der Haushalte und einem größeren Geltungsbereich bei vielen Tickets.
Studien zeigen, dass das Mobilitätsverhalten vielfältiger und komplexer wird. Die Antwort darauf ist ein radikal vereinfachtes Tarifsystem. In die Arbeiten zur Reform waren Politik, Verwaltung, Verkehrsunternehmen und Fahrgastverbände intensiv eingebunden. Damit ist diese Tarifreform ein echtes Gemeinschaftswerk zum Nutzen der Fahrgäste in der Stadt und der ganzen Region.
Vielfahren wird meist günstiger durch Monats-, Abo- und Jahreskarten. So sinkt der Preis für die Monatskarte für ganz München (Zone M) oder für zwei Zonen im Umland auf 59,90 Euro – und für die Jahreskarte auf 47,25 Euro pro Monat. Allerdings: Diese ist einmal im Jahr zu zahlen, sodass dann stets 567 Euro fällig werden. Damit hat München die mit Abstand günstigsten Zeitkarten für Erwachsene im Vergleich der deutschen Großstadtverbünde.
Im Vergleich zu Wien allerdings ist man noch immer deutlich teurer: Dort kostet eine Jahreskarte 365 Euro, also exakt einen Euro am Tag. Für Vielfahrer im bisherigen Ring 4 sinken die Preise um ein Viertel, für manche Fahrgäste sogar um ein Drittel. Bei der Streifenkarte verdreifacht sich der Rabatt von bisher 3,5 Prozent auf künftig 15 Prozent. Das sorgt für Entlastung vor allem bei den Haushalten, die regelmäßig mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.
Die Preise für Einzel- und Tageskarten werden hingegen angehoben. So soll die Zeitkarte attraktiver werden mit dem Ziel, dass noch mehr Menschen auf eine solche umsteigen. Künftig bildet der heutige Innenraum die neue Zone M (Stadtgebiet München und einige Nachbargemeinden). Innerhalb der Zone M gibt es keine Tarifgrenzen mehr und somit nur noch eine Preisstufe für Gelegenheits- und Zeitkartenkunden.
Sie wurde um einige Ortschaften wie z. B. Aschheim, Karlsfeld, Oberhaching und Deisenhofen erweitert. Auch in den Landkreisen gelten dann bei Zeitkarten größere Geltungsbereiche. Über 60 Orte werden anderen Tarifzonen oder Übergangsbereichen zugeordnet, sodass Fahrten dorthin oft günstiger werden. Geschlossene Siedlungsstrukturen werden nicht mehr von Tarifgrenzen durchschnitten, wie es bisher beispielsweise zwischen Dachau Bahnhof und den innerstädtischen Haltestellen der Kreisstadt der Fall war.
Wachstumszentren, Kreisstädte und zentrale Orte werden besser vernetzt und sind so oftmals günstiger zu erreichen. Dadurch können Kunden in Zukunft an vielen S-Bahnhaltestellen den Bus nutzen, ohne eine weitere Tarifzone erwerben zu müssen. Innerhalb der Landkreise sind die Kreisstädte nun mit Tickets für nur ein bis zwei oder drei Zonen erreichbar, also z.B. für 2,80 Euro oder 4,20 Euro mit der Streifenkarte. Die neue Struktur folgt einer klaren, einheitlichen Logik für das gesamte Sortiment.
Für (fast) alle Fahrscheine gelten nun sieben Zonen – statt wie bisher 16 Ringe, vier Zonen und drei Räume je nach Ticketart. Das sorgt für einfacheres „Ticketlösen“. Die günstigen Einheitspreise für den Kinderfahrschein, das Semesterticket und die Fahrradmitnahme bleiben erhalten. Mit der Sieben-Zonen-Logik sinken im Bartarif die viel kritisierten Preissprünge: Für eine Fahrt aus dem näheren Umland nach München reichen künftig drei Streifen für 4,20 Euro (Zonen M+1) statt wie bisher vier Streifen für 5,60 Euro etwa aus Zorneding.
In den kommenden Monaten werden die Tarifbestimmungen aktualisiert, Informationsmaterialien ausgearbeitet sowie Vertriebstechnik und Hintergrundsysteme für den Automaten-, Fahrzeug-, Online- und den persönlichen Verkauf angepasst. Die heute kommunizierten Fahrpreise gelten unter Vorbehalt der erforderlichen Tarifgenehmigung; sie werden sich jedoch bis zur Umsetzung nicht mehr ändern.
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
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