(Kommentar, München, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Im Grunde verraten es die Münchener selbst: Ein konventioneller Dieselbus mit der Abgasnorm Euro VI hat den gleichen Schadstoffausstoß wie ein normales Auto. Dabei ist im Auto in der Regel nur eine, selten auch zwei Personen, während Busse und Bahnen gleich ganze Gruppen durch die Stadt fahren. Damit dürfte geklärt sein, dass der Dieselbus kein Teil des Problems ist, sondern ein Teil der Lösung.
Und vergessen wir nicht, dass die Technik über die Jahre stark fortschreitet: Das Marktvolumen konventioneller Dieselbusse ist groß und die Herstellervielfalt ist breit. Die Konkurrenz ist also stark, sodass die Unternehmen – ob MAN, Solaris, Daimler-Benz oder wer auch immer – gezwungen sind, immer besser zu werden, um mithalten zu können.
Wichtiger als einzelne Leuchtturmprojekte für hochsubventionierte Elektrobusse ist also, wenn man eine angemessen junge Fahrzeugflotte sicherstellt. Was nutzen zehn neue Elektrobusse, wenn für den Schülerverkehr zwanzig Jahre alte Fahrzeuge rumfahren, weil die ja schon abgeschrieben sind und nur wenige Fahrten am Tag haben? Natürlich liegen keine flächendeckenden Informationen und Vergleichswerte zwischen den verschiedenen Baujahren vor.
Vor einigen Jahren hat man sich bei den Kölner Verkehrsbetrieben aber mal quasi nebenbei verquatscht: Ein Standard-Dieselbus mit dem Baujahr 2016 braucht 49 Liter Dieselkraftstoff auf hundert Kilometern, ein Bus mit Baujahr 2013 brauchte noch 53 Liter. Wie es ist jetzt bei Dieselbussen mit Baujahr 2018? Und was passiert, wenn man Fahrzeuge mit den Baujahren 2018, 2008, 1998 und 1988 vergleicht?
Deswegen ist es ja so wichtig, für junge Flotten zu sorgen. Denn das Narrativ der baldigen Marktreife von Elektrobussen wird langfristig nicht zu halten sein. Offiziell heißt es ja immer, dass die Elektrobusse Fördergelder brauchen, aber irgendwann mal marktfähig sein werden. Hier treten aber Effekte auf wie bei der Geschichte von Hasel und Igel: Wo immer die subventionierte elektrische Traktion gerade hinkommt, die konventionelle Dieseltraktion wird schon da sein.
Das hat mit den genannten Marktentwicklungen zu tun. Fortschritt und Innovation entstehen nun einmal nur auf dem Markt und nicht an staatlichen Schreibtischen. Viel wichtiger ist die elektrische Traktion auf der Schiene: Nur etwas mehr als die Hälfte der deutschen Eisenbahninfrastruktur ist überhaupt nur elektrifiziert und ein Blick in den Freistaat Bayern zeigt, wie wichtig gerade dort eine Elektrifizierungsoffensive wäre. Das Geld, das in Elektrobussen versenkt wird, wäre dort deutlich besser aufgehoben.
Die Oberleitung muss zur Regel werden, nicht nur im urbanen Raum, sondern überall. Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass beides wichtig ist. Aber auch der Staat kann jeden Euro nur einmal ausgeben. Das Geld, das man für Elektrobusse ausgibt, fehlt dann eben beim Bau der Oberleitung oder bei der Finanzierung von Leistungsausweitungen. Deshalb wage ich die Prognose: Der Dieselbus wird auch in dreißig oder vierzig Jahren am Markt nicht zu schlagen sein.
Siehe auch:https://www.bahnberufe.de/news/muenchen-mvg-unterstuetzt-luftreinhaltung/
Stefan Hennigfeld
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