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Klimaanlagen müssen selbstverständlich werden

(Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist Hochsommer und entsprechend verhält sich das Wetter. Erinnern Sie sich noch? Es ist gerade einmal acht Jahre her, da machten kaputte Klimaanlagen in ICE-Triebzügen der DB Fernverkehr AG Schlagzeilen. Jugendliche sind auf der Rückfahrt von einer Klassenfahrt kollabiert, ein Schaffner weigerte sich, einen außerplanmäßigen Zwischenstopp einlegen zu lassen und am Ende sind sogar staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aufgenommen worden.

Irgendwas positives muss seitdem passiert sein, denn zumindest in den Zügen, in denen es standardmäßig Klimaanlagen gibt, ist von dauerdefekten Anlagen keine Rede mehr. Und auch im kommunalen ÖPNV hat sich viel in die richtige Richtung getan. Klar, wenn ein zwanzig Jahre alter Zug (oder noch älter) im Einsatz ist, dann kann man da nicht einfach eine moderne Klimaanlage einbauen.

Bei Neufahrzeugen jedoch muss es einfach Standard sein: Die Züge müssen im Winter ordentlich beheizt und im Sommer anständig klimatisiert sein. Wenn die Berliner Verkehrsbetriebe AöR sagen, dass sie in der Bundeshauptstadt aus Kostengründen auf eine Klimaanlage verzichten, dann ist das gerade kein moderner ÖPNV. Und die Innotrans steht ja wieder vor der Tür: In sechs Wochen geht es los.

Die Eisenbahnbranche der Welt ist zu Gast bei Freunden und Deutschland soll sich dann als besonders zukunftsweisendes Land präsentieren. Ja, soll es. Warum? Wem wollen deutsche Klimaanlagenhersteller denn Geräte in die ganze Welt verkaufen, wenn in den U-Bahnen der BVG AöR Temperaturen herrschen, wie sie bei Schweinetransportern nicht mehr erlaubt wären? Wem will denn ein Rolltreppen- und Aufzughersteller Geräte verkaufen, wenn rund um den Messestandort kaputte Rolltreppen, demolierte Aufzüge und andere Bilder der Verwahrlosung zeigen, wie man es nach Möglichkeit nicht machen sollte?

Das ist kein Witz: In Berlin haben selbst neue U-Bahnzüge keine Klimaanlage und vor diesem Hintergrund kann man nur hoffen, dass der Sommer sich in diesem Jahr nicht bis zur Innotrans-Zeit hinzieht. Dabei ist zu konstatieren, dass es im SPNV gar keine Diskussion mehr gibt, bei so manchem Kommunalmonopolisten derweil schon.

Wenn es einen Aufgabenträger gibt, der Qualitätsstandards vorgibt, dann wird gar nicht diskutiert. Wer die Musik bestellt, entscheidet was gespielt wird und Ende. Dass wird heute im SPNV nicht mehr so schwitzen und dehydrieren müssen wie früher, ist ein gelebter Erfolg der marktwirtschaftlichen Transformation im Bereich Eisenbahn.

Und dass es bei den Berliner U-Bahnen anders ist, zeigt die Probleme, die mit Inhouse-Vergaben einhergehen. Wenn der Aufgabenträger zugleich auch der Besitzer des Auftragnehmers ist, dann treten Interessenkonflikte ein, die unüberbrückbar sind. Eine BVG AöR mag zwar eine Abteilung für Verkehrsvertragsbeziehungen haben, faktisch kann so ein Unternehmen aber tun und lassen, was es will, ohne dass es Konsequenzen gäbe. Deshalb ist es Zeit, auch im kommunalen Bereich monopolistische Strukturen aufzubrechen.



Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
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