(Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Immer wieder sehen wir, welche große Rolle die Straßenbahn in der heutigen kommunalen Verkehrsplanung spielen kann. Vorbei sind die Zeiten, in denen man glaubte, die Stadtbahn sei allenfalls unterirdisch zu gebrauchen und würde in den modernen urbanen Räumen keinen Platz haben. Das Gegenteil ist der Fall: Die Straßenbahn kann im Autoverkehr mitschwimmen und trotzdem an den Ampeln bevorrangt werden.
Sie kann deutlich mehr Menschen transportieren als ein Bus und sie wird subjektiv als etwas höherwertigeres wahrgenommen. Und deswegen entstehen in unserer Zeit in vielen deutschen und europäischen Städten wieder Straßenbahnen: Ja, man kann das bestehende Netz ausbauen und verbessern. Damit sorgt man dafür, dass die Grundlage für eine umfassende Verlagerung der Verkehrsströme auf den ÖPNV geschaffen wird.
Natürlich ist das nicht die einzige Voraussetzung, aber es ist notwendig, um ein gutes Angebot zu schaffen. Moderne Straßenbahntriebzüge haben Kapazitäten, die überhaupt nichts mehr mit der Tram alter Tage zu tun hat. Sie kann ohne weiteres zwei Doppelgelenkbusse ersetzen und ist zudem, bei engem Takt und guter Anbindung, auch als Zubringer für den SPNV geeignet.
Und das muss sie auch sein: Um einen Bau zu rechtfertigen muss die Leistungsfähigkeit höher sein als beim Busverkehr. Der Takt muss eng sein, denn um nur alle zwanzig Minuten zu fahren, lohnt sich der Bau der aufwendigen Infrastruktur nicht. Aber wenn wir uns angucken, wo überall es in den letzten Jahren Tram-Ausbauten gegeben hat, dann stellen wir fest, dass das Verkehrsmittel eine deutlich bessere Zukunft vor sich hat, als man noch in den 90er Jahren gedacht hat.
In München und Berlin wird am Tramnetz gebaut – und das unabhängig von den jeweiligen U-Bahnnetzen. Man hat erkannt, dass es ein Bindeglied zwischen der U-Bahn oder der S-Bahn einerseits um den Busverkehr andererseits geben muss. In Bochum hat man es in den letzten Jahren geschafft, den Linienast nach Dahlhausen auf der 318 zu sichern – der lange vor der Schließung stand und entsprechend auf Verschleiß gefahren wurde.
Mit der Neutrassierung in Langendreer und der Umorganisation der Linien 302 und 310 ist es zudem gelungen, einen ganzen Stadtteil erstmals an die Tram anzuschließen – mit der Option, irgendwann auch die S-Bahn in Dortmund-Lütgendortmund anzufahren, wenn es in der Nachbarstadt gewünscht wird. Aber das ist auch so eine Sache, die man bei der Planung berücksichtigen sollte: Auch wenn bestimmte Bauabschnitte im Moment nicht umsetzbar sind, so sollte man seine Infrastrukturprojekte so strukturieren, dass mögliche Ausbauten auch in dreißig Jahren noch machbar bleiben.
Die Magdeburger haben das erkannt und gehen verkehrspolitisch den richtigen Weg. Die sachsen-anhaltinische Landeshauptstadt macht ihre kommunale Schiene fit für die Zukunft. Dazu kann man nur gratulieren. Das sollten sich immer mehr Entscheidungsträger vor Augen halten: Die Straßenbahn ist ein Verkehrsmittel der Zukunft, mit dem zu rechnen ist.
Stefan Hennigfeld
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