(Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Ja, es ist richtig, die Eisenbahn zu stärken. Nicht richtig ist es, dies unreflektiert mit Geld für den DB-Konzern zu tun. Gerade im Fernverkehr gibt es eine ganze Reihe struktureller Probleme und die DB AG hat das auch erkannt: So versucht man nicht erst seit dem Frühjahr 2015, als das neue SPFV-Konzept vorgestellt wurde, Geld vom Aufgabenträger zu akquirieren.
Das ist aus Sicht des Konzerns natürlich verständlich und auch nachvollziehbar, aber das alleine reicht nicht. Aus keinem Gesetz ergibt sich die Vorschrift, dass der SPFV eigenwirtschaftlich zu laufen habe. Das Gegenteil ist der Fall: Artikel 87e des Grundgesetzes verpflichtet den Bund, die Erfüllung der Verkehrsbedürfnisse auf der Schiene sicherzustellen und dies in einem Bundesgesetz (das es nicht gibt) näher zu regeln.
Hier ist die Politik gefordert, im Fernverkehr genauso ein Aufgabenträgersystem zu installieren wie im Regionalverkehr. Eine Bundesbehörde definiert dann, wo und in welcher Kapazität gefahren wird, schreibt die Leistungen aus und sorgt während der Vertragsperioden für ein angemessenes Controlling. Denn wer kontrolliert denn DB Fernverkehr jetzt? Niemand.
DDie Fahrgäste können allenfalls mit den Füßen abstimmen und auf dem Weg vom Düsseldorf nach Berlin oder von Stuttgart nach Hamburg künftig den Flieger nehmen, aber das war es. Pönale für stark verschmutzte Züge, gesperrte Toiletten, Verspätungen wegen defekter Komponenten an den Fahrzeugen, all das gibt es nicht. Und jetzt soll – nach der Logik der Pferdeäpfeltheorie – einfach mehr Geld reingepumpt werden, damit alles gut wird? Nein, so einfach ist es nicht.
Es braucht eine politische Steuerung. Die Eisenbahnpolitik in Deutschland ist im Moment im großen und ganzen deckungsgleich mit der Unternehmenspolitik der DB AG. Und das ist falsch. Das gilt auch für die Infrastrukturpolitik: Wir reden hier von einer ureigenen Aufgabe des Staates, nämlich die Vorhaltung und Bewirtschaftung der Verkehrsinfrastruktur.
Ja, man kann das durch eine bundeseigene Aktiengesellschaft machen lassen, aber man darf diese nicht zum politischen Entscheider werden lassen. Und vor allen Dingen ist die Schiene ein Verkehrsträger, der über die DB AG hinausgeht. Man braucht bei integrativen Planungen daher nicht nur DB Netz mit am Tisch, sondern immer auch die Betreiber der kommunalen Schiene.
Nur wenn man die Eisenbahn mit der Stadtbahn optimal verknüpft, kann der Verkehrsträger Schiene seine ganze Stärke ausspielen. Deswegen ist es auch so wichtig, in die eisenbahnpolitischen Grundsatzentscheidungen alle Akteure einzubeziehen. Die Frage, wie es mit dem Fernverkehr weitergeht, ist keine für den Aufsichtsrat des Konzerns DB AG, sondern für das Bundesverkehrsministerium und ja, bei der Gesetzesfassung auch für den Bundestag.
Es kann nicht sein, dass das mittlere Management der DB AG entscheidet, welcher Ort nicht mehr angefahren wird, weil die Züge unwirtschaftlich sind. Hier braucht es Konzepte, die über die einzelnen Entscheidungen der rund um die Schiene agierenden Unternehmen hinausgehen.
Siehe auch:DB AG plant Neuausrichtung
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
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