(Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Im Rahmen der Haushaltsberatungen im Deutschen Bundestag gab es auch Diskussionen um die Frage, inwieweit die Planungen im Eisenbahnsektor auch haushaltspolitisch unterlegt sind. Hierbei stellt sich die Frage, ob es gelingt, ausreichend Geld im Haushalt freizumachen, um tatsächlich die hochgesteckten Ziele auch bezahlen zu können.
Die Allianz pro Schiene, die die Bundesregierung noch vor ein paar Wochen für ihre damals vom Verband so empfundene „neue Ernsthaftigkeit“ gelobt hat, hat nun Kritik geübt. Die Allianz pro Schiene hat die verkehrspolitischen Weichenstellungen des Bundeshaushaltes 2019 scharf kritisiert.
„Die Investitionen in die Schieneninfrastruktur sinken 2019. Im vergangenen Jahr wurden hundert Millionen Euro mehr investiert und im Vergleich zum Haushaltsplan für das Jahr 2018 sollen die Investitionen ins Gleisnetz im kommenden Jahr um fünfzig Millionen Euro zurückgefahren werden“, sagte Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege.
Die in der Koalitionsvereinbarung angekündigte Verdopplung der Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030 lasse sich „so auf keinen Fall realisieren“, schließlich sei das Schienennetz an vielen Stellen „völlig überlastet und dringend ausbaubedürftig“. „Erst kürzlich hat der Bundesverkehrsminister mit dem Deutschland eine Vision vorgelegt, wie die Fahrgastzahlen verdoppelt werden können und zahlreiche Schienenbauprojekte für dringlich erklärt. Finanziell unterlegt sind diese bahnpolitischen Versprechen bislang nicht“, monierte der Geschäftsführer des gemeinnützigen Verkehrsbündnisses.
In 2019 sollen laut Allianz pro Schiene-Berechnungen die Investitionen für den Neu- und Ausbau des Bundesschienennetzes im Vergleich zu den Ist-Zahlen aus dem vergangenen Jahr lediglich um vier Prozent steigen, während der Bund im selben Zeitraum für den Neu- und Ausbau der Bundesfernstraßen 45 Prozent mehr Mittel bereitstellt.
Nach Auffassung der Allianz pro Schiene sollte der Staat alle Verkehrsträger finanziell so ausstatten, dass vorhandene Infrastruktur bestmöglich in Schuss gehalten werden kann. „Gestaltungsaufgabe der Politik“ sei es jedoch, beim Bau neuer Infrastruktur „die Weichen in Richtung nachhaltige Mobilität zu stellen“.
Gemessen an diesem Anspruch sei ein Plus von 45 Prozent für neue Autobahnen und Bundesstraßen bei einem gleichzeitigen Plus von vier Prozent für neue Schienentrassen und Bahnhöfe „ein verkehrspolitischer Blindflug“ – zumal die Vierprozent-Steigerung bei der Schiene nicht einmal die Baupreissteigerung ausgleiche. Die Aussage des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU), „der Schienenverkehr ist nicht unterfinanziert“, sei „überhaupt nicht nachvollziehbar“.
Flege: „Seit Jahren investiert Deutschland Pro-Kopf deutlich weniger in die Schieneninfrastruktur als etliche Nachbarländer und der Alterungsprozess des Gleisnetzes ist immer noch nicht gestoppt.“ Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig, dass mehrere Oppositionsfraktionen während der Haushaltsberatungen eine deutliche Aufstockung der Investitionen in die Schieneninfrastruktur verlangt hätten.
Sowohl die Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen als auch die der Linkspartei haben Anträge gestellt, die Investitionen in die Schienenwege des Bundes um 750 Millionen bzw. 350 Millionen Euro aufzustocken. Matthias Gastel, eisenbahnpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag: „Bei der Bahnpolitik driften im Bundesverkehrsministerium Anspruch und Wirklichkeit immer weiter auseinander.
Während Andreas Scheuer bei öffentlichen Terminen die Bahn als zukunftsträchtiges Verkehrsmittel des 21. Jahrhunderts preist, atmet der Verkehrshaushalt 2019 den Geist der Betonpolitik der vergangenen Jahrzehnte. Gegenüber 2017 schraubt Scheuer die Straßenbauinvestitionen um gleich 45 Prozent auf mehr als 2,2 Milliarden Euro in die Höhe, während die Schiene sich bei niedrigem Ausgangsniveau mit Steigerungen begnügen muss, die gerade die Inflation ausgleichen.
Während die Straße seit Jahrzehnten mit großen Summen Geld gemästet wird, zeigt sich die Bahn angesichts der politisch verordneten Diät immer mehr ausgehungert und geschwächt.“ Er warf Scheuer vor, die „gescheiterte Straßenbaupolitik seiner CSU-Vorgänger“ fortzusetzen. Gastel: Auch in der mittelfristigen Finanzplanung ist keine Weichenstellung zur Stärkung der Schiene erkennbar. Dabei ist der Neu- und Ausbau des Schienennetzes chronisch unterfinanziert. Es fehlen bis 2030 rund 25 Milliarden Euro, um allein die Schienenprojekte des Vordringlichen Bedarfs umzusetzen.“
Siehe auch:Doch keine neue Ernsthaftigkeit?
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
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