(Schweiz) Autor:Stefan Hennigfeld
Die SBB senkt künftig gezielt und automatisch den Bahnstrombezug in den Spitzenzeiten. Die dafür benötigte Software ist nun im Einsatz. So stärkt die SBB die Bahnstrom-Verfügbarkeit und senkt Kosten für die Energieproduktion. Hintergrund: Der 1982 eingeführte integrale Taktfahrplan sorgt dafür, dass der Leistungsbedarf zum Voll- und Halbknoten an den Bahnhöfen sprunghaft ansteigt.
An kalten Tagen sorgen Zug- und Weichenheizungen für einen zusätzlichen Leistungsbedarf. Mit wachsendem Verkehrsaufkommen und immer leistungsfähigeren Zügen nimmt der maximale Leistungsbedarf weiter zu. Damit kommen die bestehenden Kraftwerke und Frequenzumformer langfristig an ihre Leistungsgrenzen. Um die Züge auch weiterhin zuverlässig mit der nötigen Leistung versorgen zu können, setzt die SBB künftig auch auf eine Softwarelösung statt einzig auf zusätzliche Anlagen wie neue Frequenzumrichter.
Konkret funktioniert die Software – die so genannte „Lastmanagement-Laststeuerung“ – wie folgt: Sobald sich eine hohe Auslastung – im Fachjargon „Lastspitze“ genannt – im SBB Netz abzeichnet, werden Zug- und Weichenheizungen für bis maximal etwa vierzig Sekunden automatisch ausgeschaltet. Der Energiebedarf der Heizungen wird so zeitlich verschoben – die Lastspitze also geglättet.
Und das ganz ohne Auswirkung auf das Temperaturempfinden der Reisenden. Die SBB hat die Basisversion der Laststeuerung im vergangenen Winter auf Herz und Nieren geprüft. Die Grundfunktionen der Software haben einwandfrei funktioniert. Im vergangenen Jahr wurde die Laststeuerung für den produktiven Betrieb vorbereitet, der nun im Januar 2019 startet. Ab diesem Zeitpunkt können die ersten Weichen- und Wagenheizungen gesteuert werden.
Die SBB wird in den folgenden Jahren laufend weitere Wagen und Weichen an die Laststeuerung anbinden – bis 2023 soll die ganze Flotte ausgerüstet sein. Damit wird Smart Grid – die intelligente Steuerung von Verbrauchern im Zusammenspiel mit der Stromerzeugung, und -speicherung – bei der SBB Realität. Mit der ersten Etappe des Lastmanagements hat sich die SBB zum Ziel gesetzt, bis 2023 die maximalen Lastspitzen um 70 Megawatt zu senken.
Dies entspricht ungefähr dem durchschnittlichen Leistungsbedarf von 150.000 Haushalten. Gleichzeitig wird die SBB in den nächsten Jahren im Rahmen des Programms smartrail 4.0 prüfen, ob auch die elektrischen Motoren der Lokomotiven und Triebfahrzeuge in ähnlicher Weise beeinflusst werden können. Da die SBB sowohl Energie in eigenen Kraftwerken produziert, wie auch Energie verbraucht, kann sie Produktion und Verbrauch im eigenen Einflussbereich gezielt optimieren.
Statt in zusätzliche und teure Stromproduktionsanlagen zu investieren, setzt die SBB auch auf Verbraucherseite an. Damit leistet sie gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Energiestrategie des Bundes. Entscheidend ist aber, dass die Zuverlässigkeit des Eisenbahnbetriebs dadurch nicht gefährdet wird.
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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